Japan. Möglicherweise hat man
bislang unterschätzt, wie wichtig Lungen als Reservoir für
Antidepressiva sein können. T. Suhara und Kollegen bestätigen nun
durch eine Studie an vier Probanden, dass eine Substanz mit hoher
Affinität zu Serotonin-Bindungsstellen großenteils von der
menschlichen Lunge aufgenommen wird: Innerhalb von 90 Sekunden nach der
Injektion sind es zwischen 68 und 86 Prozent des Stoffes. Dagegen
erreichen innerhalb von 30 bis 36 Minuten nach intravenöser Gabe nur
bis zu 2 Prozent das Gehirn. Um diese Zusammenhänge ermitteln zu können,
markierten die japanischen Wissenschaftler Cyanoimipramin radioaktiv.
Anschließend verfolgten sie dessen Schicksal in Lunge und Gehirn. In
einem weiteren Schritt untersuchten sie bei zwei Probanden die Frage,
wie sich die vorherige Gabe eines Serotonin-Wiederaufnahmehemmers (50 mg
Clomipramin) auf die anschließende Verteilung von Cyanoimipramin
auswirkt. Unter diesem Vorgehen speicherten die Lungen mit 35 bzw. 54
Prozent weitaus weniger Cyanoimipramin, während das Gehirn jetzt mehr
als doppelt so viel Cyanoimipramin aufnahm.
Suhara und Mitarbeiter ziehen aus ihren
Befunden unter anderem folgende Schlußfolgerungen: Die
pharmakokinetische Kapazität der Lungen, die in erheblichem Maße
Antidepressiva speichern und freisetzen können, ist genau so wichtig
wie die Stoffwechselaktivität der Leber. Bei gleichzeitiger Gabe
mehrerer Antidepressiva mit hoher Affinität zu Serotoninbindungsstellen
in Lunge und Thrombozyten kann eine einzelne vermehrt freigesetzt werden
und dann eventuell toxisch wirken.
T.
Suhara et al.: Lung as reservoir for antidepressants in pharmacokinetic
drug interactions. Lancet 1998 (351) 332-335