ZNS-
SPEKTRUM

Home
Neu Archiv Titel-
Beiträge
Patienten

Bücher

Audio
visuelle Medien
Impressum
 
Web www.zns-spektrum.com

 

Wege aus der Depression (Teil 3)

Unklare Körpersymptome als Depression entlarven

Körperliche Symptome sind oft eine Form von Sprache bzw. verkörperter Gefühle. Vor allem Angst und Depression verbergen sich bevorzugt hinter meist mehrdeutigen körperlichen Erscheinungen (wie Verspannungen, Schmerzen, Herzrasen, Schwindel usw.). Betroffen sind besonders Menschen, denen es (noch) schwer fällt, ihre Gefühle wahrzunehmen und auszudrücken. Was ein Symptom „sagen will“ kann von Person zu Person sehr unterschiedlich sein. So kann eine Muskelverspannung auf ein „festhalten müssen“ oder „sich nicht hingeben können“ hindeuten. Sehstörungen können der Versuch sein, etwas nicht wahrhaben zu wollen. Schwindel und Ohnmachtsanfälle können die eigene Unsicherheit und Machtlosigkeit ausdrücken. Immer geht es jedoch auch um Gefühle. Zu einer Depression tragen besonders Trauer, Scham, Wut und Angst bei.

Selbstwertprobleme (die eigene Kränkbarkeit) erkennen

Depressive fühlen sich häufig als im Leben „zu-kurz-Gekommene“. Sie halten dieses Gefühl des „zu wenig“ auf unterschiedliche Weise am Leben (z.B. in Form des „Nichts-wert-Seins“, „Niemand-Seins“, „Nichts-Könnens“). Sie erleben sich als Menschen, die dauernd um etwas kämpfen müssen, die nie etwas ohne Probleme oder gar im Überfluß besitzen, die sich nichts nehmen dürfen und denen auch nichts gegeben wird. Deshalb leiden depressive Menschen meist auch unter einem schwachen Selbstwertgefühl, das besonders auf die mit der eigenen Leistungsfähigkeit verbundene Anerkennung angewiesen ist („Ich bin, was ich leiste“ - wobei dies möglichst etwas Weltbewegendes sein sollte). Jede Gefährdung der Leistungsfähigkeit bedroht ihr Selbstwertgefühl. Zusätzlich neigen sie dazu, sich und ihre Leistungen ständig selbst abzuwerten. Hungrig warten sie auf Bestätigung durch andere, von deren Meinung sie sich abhängig machen. Gleichzeitig weisen sie aber die Bestätigung der Umwelt wieder mißtrauisch zurück, weil sie unbewußt den Teufelskreis durchschauen. 

„Mangel- und Minderwertigkeitsgefühle“ überwinden

Lösen Sie das beschriebene Dilemma, indem Sie gezielt andere Menschen um positive Rückmeldungen (Beobachtungen) zu Ihrer Person bitten. Bedanken Sie sich freundlich für Komplimente und verkneifen Sie sich weitere Kommentare. Befreien Sie sich von dem Denkautomatismus „Was werden die anderen wohl denken bzw. von mir erwarten?“ Kümmern Sie sich weniger um die anderen und mehr um sich selbst. Trennen Sie zwischen Ihrem Wert als Mensch und dem Wert Ihrer Leistungen.

Konstruktiv mit Aggression umgehen

Oft richten depressiv erkrankte Menschen Aggression gegen sich selbst, was sich zum Beispiel in Form von Kopf-, Magen-, Muskel- oder Gelenkschmerzen und im Extremfall sogar in einem Suizid ausdrücken kann. Verschließen Sie Ihre Augen nicht vor aggressiven Gedanken („Am liebsten würde ich ihn umbringen“). Gedanken und Phantasien sind harmlos und natürlich. Sie sind weder verwerflich, noch machen sie den Betreffenden zum Schuldigen. Akzeptieren Sie auch Zorn und Ärger als Gefühle, die jeder Mensch haben darf. Problematisch werden solche Emotionen allenfalls, wenn sie zu unbedachten Taten führen. Allein durch aggressive Gedanken werden Sie jedenfalls noch nicht zu einem „aggressiven Menschen“. Versuchen Sie, Ihren Ärger auszudrücken, auch wenn es Ihnen schwer fällt. Ihre Umwelt wird um so bereitwilliger auf diese Gedanken eingehen, je weniger vorwurfsvoll Sie diese formulieren. Beschreiben Sie, wie es Ihnen mit bestimmten Erfahrungen geht, und verzichten Sie darauf, andere anzuklagen. Wer angeklagt ist, muß sich nämlich um die eigene Verteidigung kümmern, und wird nicht mehr auf die Idee kommen, Ihnen zu helfen.

Sich trennen lernen

Depressive Menschen klammern sich oft an andere. Sie haben nicht gelernt, sich zu trennen, ohne in Unsicherheit, Angst und Verzweiflung zu stürzen. In ihrem Lebenslauf fällt oft auf, daß sie noch nie über längere Zeit alleine gelebt haben. In Gesprächen und Begegnungen können Sie mitunter nur schwer einen Schlußstrich ziehen (ihnen fällt immer noch etwas Mitteilenswertes ein). Auch von Sachen können sich viele Depressive nur schwer trennen. Es ist, als müßten Sie sich an etwas klammern. Verallgemeinernd könnte man die Depression auch zu den „Abhängigkeitskrankheiten“ rechnen. Sollten Sie sich in dieser Beschreibung wiedererkennen, wird auch Ihre Heilung rascher voranschreiten, wenn Sie es schaffen, sich vermehrt auf die eigenen Beine zu stellen.

Einschneidende Lebensentscheidungen erst „mit freiem Kopf“ treffen

Hüten Sie sich davor, grundlegende Entscheidungen (Heirat, Umzug, Scheidung, Kinderkriegen, Kündigung, Berufswechsel) in einem Zustand schwerer Depression zu treffen oder durch andere treffen zu lassen. Wenn Sie solche Entscheidungen später bereuen, kann es sein, daß Sie noch depressiver werden. Auch für die Beteiligten ist es mitunter unerfreulich, wenn Sie erfahren, daß i

Ihre Entscheidung (Heirat, Kinderkriegen) vor allem der Selbstheilung dient.

Sich Psychotherapie gönnen

Eine Kombination aus medikamentöser und psychotherapeutischer Behandlung wirkt am besten gegen Depressionen. Gönnen Sie sich deshalb eine Psychotherapie, sofern Sie unter Ihrer Depression sehr leiden und deren Ende nicht abzusehen ist. Fragen Sie den Psychotherapeuten vorab, welche Erfahrungen er mit Depressionsbehandlungen hat und ob ihm diese liegen. Es ist nämlich keineswegs einfach, depressive Menschen zu behandeln, da diese viel klagen, sich und auch andere übermäßig abwerten und bevorzugt Mißerfolge in den Vordergrund rücken. Auch muß ein Therapeut konstruktiv mit der Wut depressiver Patienten umgehen können, die diese mitunter auf den Therapeuten richten, obwohl sie eigentlich anderen wichtigen Bezugspersonen gilt. Anders als die Umwelt des Depressiven sollte sich der Psychotherapeut nicht vom Patienten abwenden, wenn dieser mit seinen Klagen gehört werden will. Gruppentherapien haben den Vorteil, daß sie Ihnen mehr als nur eine Bezugsperson (den Therapeuten) bieten. Das ist besonders wichtig, wenn Sie sehr vereinsamt sein sollten.

Antidepressiva lang genug einnehmen

Antidepressiva brauchen einige Tage, um ihre Wirkung spürbar zu entfalten. Ein Blitzeffekt spricht eher gegen eine „echte“ Depression. Die heute verfügbaren Antidepressiva wirken nicht bei allen Kranken gleich. Deshalb kann es bei unzureichendem Effekt sinnvoll sein, ein Antidepressivum durch ein anderes zu ersetzen. Ähnliches gilt für den Fall, daß ein an sich wirksames Antidepressivum unangenehme Nebenwirkungen entfaltet. Erst wenn nach drei bis vier Wochen noch immer keine deutliche Besserung eingetreten ist, empfiehlt es sich, daß Sie mit Ihrem Arzt über den Wechsel des Medikaments sprechen. Sehen Sie einem solchen Schritt vertrauens- und hoffnungsvoll entgegen. Leider gibt es noch keine Tests, mit deren Hilfe man vorhersagen kann, auf welches Antidepressivum ein bestimmter Patient am besten ansprechen wird. Verändern Sie auf keinen Fall eigenhändig die Dosierung, vor allem dann nicht, wenn Ihr Befinden schwankt. Der Satz „Viel hilft viel“ gilt nicht für Medikamente. Zuviel ist hier durchweg gefährlich. Behalten Sie die Dosierung insbesondere dann bei, wenn Ihnen das Antidepressivum sehr gut hilft. Dies ist ein überzeugender Grund, die Behandlung fortzuführen, und keinesfalls ein Grund, sie zu beenden. Bei wiederkehrenden Depressionen kann sogar eine Dauertherapie angebracht sein. Wenn keine Nebenwirkungen zu beobachten sind, können Sie dies als Ausdruck einer erfreulich guten Arzneimittel-Verträglichkeit werten und nicht etwa als Hinweis auf mangelnde Wirksamkeit.