Unklare
Körpersymptome als Depression entlarven
Körperliche Symptome sind oft eine
Form von Sprache bzw. verkörperter Gefühle. Vor allem Angst und
Depression verbergen sich bevorzugt hinter meist mehrdeutigen körperlichen
Erscheinungen (wie Verspannungen, Schmerzen, Herzrasen, Schwindel usw.).
Betroffen sind besonders Menschen, denen es (noch) schwer fällt, ihre
Gefühle wahrzunehmen und auszudrücken. Was ein Symptom „sagen
will“ kann von Person zu Person sehr unterschiedlich sein. So kann
eine Muskelverspannung auf ein „festhalten müssen“ oder „sich
nicht hingeben können“ hindeuten. Sehstörungen können der Versuch
sein, etwas nicht wahrhaben zu wollen. Schwindel und Ohnmachtsanfälle können
die eigene Unsicherheit und Machtlosigkeit ausdrücken. Immer geht es
jedoch auch um Gefühle. Zu einer Depression tragen besonders Trauer,
Scham, Wut und Angst bei.
Selbstwertprobleme
(die eigene Kränkbarkeit) erkennen
Depressive fühlen sich häufig als
im Leben „zu-kurz-Gekommene“. Sie halten dieses Gefühl des „zu
wenig“ auf unterschiedliche Weise am Leben (z.B. in Form des „Nichts-wert-Seins“,
„Niemand-Seins“, „Nichts-Könnens“). Sie erleben sich als
Menschen, die dauernd um etwas kämpfen müssen, die nie etwas ohne
Probleme oder gar im Überfluß besitzen, die sich nichts nehmen dürfen
und denen auch nichts gegeben wird. Deshalb leiden depressive Menschen
meist auch unter einem schwachen Selbstwertgefühl, das besonders auf
die mit der eigenen Leistungsfähigkeit verbundene Anerkennung
angewiesen ist („Ich bin, was ich leiste“ - wobei dies möglichst
etwas Weltbewegendes sein sollte). Jede Gefährdung der Leistungsfähigkeit
bedroht ihr Selbstwertgefühl. Zusätzlich neigen sie dazu, sich und
ihre Leistungen ständig selbst abzuwerten. Hungrig warten sie auf Bestätigung
durch andere, von deren Meinung sie sich abhängig machen. Gleichzeitig
weisen sie aber die Bestätigung der Umwelt wieder mißtrauisch zurück,
weil sie unbewußt den Teufelskreis durchschauen.
„Mangel-
und Minderwertigkeitsgefühle“ überwinden
Lösen Sie das beschriebene Dilemma,
indem Sie gezielt andere Menschen um positive Rückmeldungen
(Beobachtungen) zu Ihrer Person bitten. Bedanken Sie sich freundlich für
Komplimente und verkneifen Sie sich weitere Kommentare. Befreien Sie
sich von dem Denkautomatismus „Was werden die anderen wohl denken bzw.
von mir erwarten?“ Kümmern Sie sich weniger um die anderen und mehr
um sich selbst. Trennen Sie zwischen Ihrem Wert als Mensch und dem Wert
Ihrer Leistungen.
Konstruktiv
mit Aggression umgehen
Oft richten depressiv erkrankte
Menschen Aggression gegen sich selbst, was sich zum Beispiel in Form von
Kopf-, Magen-, Muskel- oder Gelenkschmerzen und im Extremfall sogar in
einem Suizid ausdrücken kann. Verschließen Sie Ihre Augen nicht vor
aggressiven Gedanken („Am liebsten würde ich ihn umbringen“).
Gedanken und Phantasien sind harmlos und natürlich. Sie sind weder
verwerflich, noch machen sie den Betreffenden zum Schuldigen.
Akzeptieren Sie auch Zorn und Ärger als Gefühle, die jeder Mensch
haben darf. Problematisch werden solche Emotionen allenfalls, wenn sie
zu unbedachten Taten führen. Allein durch aggressive Gedanken werden
Sie jedenfalls noch nicht zu einem „aggressiven Menschen“. Versuchen
Sie, Ihren Ärger auszudrücken, auch wenn es Ihnen schwer fällt. Ihre
Umwelt wird um so bereitwilliger auf diese Gedanken eingehen, je weniger
vorwurfsvoll Sie diese formulieren. Beschreiben Sie, wie es Ihnen mit
bestimmten Erfahrungen geht, und verzichten Sie darauf, andere
anzuklagen. Wer angeklagt ist, muß sich nämlich um die eigene
Verteidigung kümmern, und wird nicht mehr auf die Idee kommen, Ihnen zu
helfen.
Sich
trennen lernen
Depressive Menschen klammern sich
oft an andere. Sie haben nicht gelernt, sich zu trennen, ohne in
Unsicherheit, Angst und Verzweiflung zu stürzen. In ihrem Lebenslauf fällt
oft auf, daß sie noch nie über längere Zeit alleine gelebt haben. In
Gesprächen und Begegnungen können Sie mitunter nur schwer einen Schlußstrich
ziehen (ihnen fällt immer noch etwas Mitteilenswertes ein). Auch von
Sachen können sich viele Depressive nur schwer trennen. Es ist, als müßten
Sie sich an etwas klammern. Verallgemeinernd könnte man die Depression
auch zu den „Abhängigkeitskrankheiten“ rechnen. Sollten Sie sich in
dieser Beschreibung wiedererkennen, wird auch Ihre Heilung rascher
voranschreiten, wenn Sie es schaffen, sich vermehrt auf die eigenen
Beine zu stellen.
Einschneidende
Lebensentscheidungen erst „mit freiem Kopf“ treffen
Hüten Sie sich davor, grundlegende
Entscheidungen (Heirat, Umzug, Scheidung, Kinderkriegen, Kündigung,
Berufswechsel) in einem Zustand schwerer Depression zu treffen oder
durch andere treffen zu lassen. Wenn Sie solche Entscheidungen später
bereuen, kann es sein, daß Sie noch depressiver werden. Auch für die
Beteiligten ist es mitunter unerfreulich, wenn Sie erfahren, daß i
Ihre Entscheidung (Heirat,
Kinderkriegen) vor allem der Selbstheilung dient.
Sich
Psychotherapie gönnen
Eine Kombination aus medikamentöser
und psychotherapeutischer Behandlung wirkt am besten gegen Depressionen.
Gönnen Sie sich deshalb eine Psychotherapie, sofern Sie unter Ihrer
Depression sehr leiden und deren Ende nicht abzusehen ist. Fragen Sie
den Psychotherapeuten vorab, welche Erfahrungen er mit
Depressionsbehandlungen hat und ob ihm diese liegen. Es ist nämlich
keineswegs einfach, depressive Menschen zu behandeln, da diese viel
klagen, sich und auch andere übermäßig abwerten und bevorzugt Mißerfolge
in den Vordergrund rücken. Auch muß ein Therapeut konstruktiv mit der
Wut depressiver Patienten umgehen können, die diese mitunter auf den
Therapeuten richten, obwohl sie eigentlich anderen wichtigen
Bezugspersonen gilt. Anders als die Umwelt des Depressiven sollte sich
der Psychotherapeut nicht vom Patienten abwenden, wenn dieser mit seinen
Klagen gehört werden will. Gruppentherapien
haben den Vorteil, daß sie Ihnen mehr als nur eine Bezugsperson (den
Therapeuten) bieten. Das ist besonders wichtig, wenn Sie sehr vereinsamt
sein sollten.
Antidepressiva
lang genug einnehmen
Antidepressiva brauchen einige Tage,
um ihre Wirkung spürbar zu entfalten. Ein Blitzeffekt spricht eher
gegen eine „echte“ Depression. Die heute verfügbaren Antidepressiva
wirken nicht bei allen Kranken gleich. Deshalb kann es bei
unzureichendem Effekt sinnvoll sein, ein Antidepressivum durch ein
anderes zu ersetzen. Ähnliches gilt für den Fall, daß ein an sich
wirksames Antidepressivum unangenehme Nebenwirkungen entfaltet. Erst
wenn nach drei bis vier Wochen noch immer keine deutliche Besserung
eingetreten ist, empfiehlt es sich, daß Sie mit Ihrem Arzt über den
Wechsel des Medikaments sprechen. Sehen Sie einem solchen Schritt
vertrauens- und hoffnungsvoll entgegen. Leider gibt es noch keine Tests,
mit deren Hilfe man vorhersagen kann, auf welches Antidepressivum ein
bestimmter Patient am besten ansprechen wird. Verändern Sie auf keinen
Fall eigenhändig die Dosierung, vor allem dann nicht, wenn Ihr Befinden
schwankt. Der Satz „Viel hilft viel“ gilt nicht für
Medikamente. Zuviel ist hier durchweg gefährlich. Behalten Sie die
Dosierung insbesondere dann bei, wenn Ihnen das Antidepressivum sehr gut
hilft. Dies ist ein überzeugender Grund, die Behandlung fortzuführen,
und keinesfalls ein Grund, sie zu beenden. Bei wiederkehrenden
Depressionen kann sogar eine Dauertherapie angebracht sein. Wenn keine
Nebenwirkungen zu beobachten sind, können Sie dies als Ausdruck einer
erfreulich guten Arzneimittel-Verträglichkeit werten und nicht etwa als
Hinweis auf mangelnde Wirksamkeit.