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Umgang mit Suizidalität - Hinweise für Bezugspersonen (1)

Wichtige Vorbemerkung: Die folgenden Informationen ersetzen nicht die meist zwingend gebotene fachliche Behandlung! Sie sind daher auch keine Einladung, therapeutische Verantwortung zu übernehmen. Nutzen Sie die folgenden Anregungen, um akute Krisen zu entschärfen. Erleichtern Sie es der suizidalen Person, sich kompetenten Fachleuten anzuvertrauen oder sich Entlastung durch einen Krankenhausaufenthalt zu gönnen.

Sich von Vorurteilen befreien

Befreien Sie sich von dem Mythos, dass Sie durch entsprechende Fragen einen anderen Menschen überhaupt erst auf die Idee eines Suizids bringen (Vielleicht haben Sie selbst Hemmungen, sich mit diesem Thema auseinander zu setzen). Indem Sie mögliche Suizidgedanken offen und taktvoll ansprechen, erleichtern Sie den Kranken. Sie helfen ihm, sich von der Last seiner schrecklichen Vorstellungen zu befreien und seine Gedanken in anderem Licht zu sehen. Legen Sie insbesondere folgende Vorurteile ab: 1. Wer über Suizid spricht, tötet sich nicht. 2. Suizide geschehen ohne Vorwarnung. 3. Wer von sich aus über Suizid spricht, will nur Aufmerksamkeit erheischen oder Mitmenschen manipulieren. 4. Einer Suizidandrohung nimmt man den Wind aus den Segeln, indem man den Kranken mutig konfrontiert („Dann mache es doch.“).

Suizidgedanken taktvoll ansprechen

Laden Sie die suizidale Person ein, über ihre Situation zu sprechen. Signalisieren Sie, dass Sie vor allem zuhören wollen und sich dafür eine bestimmte Zeit nehmen werden. Ermutigen Sie den Kranken, insbesondere auch seine Gefühle mitzuteilen. Lassen Sie ihn spüren, dass Ihnen das Gespräch über Suizid keine Angst macht und dass Sie ihn auch in seiner Suizidalität vorbehaltlos akzeptieren. Verzichten Sie auf Kommentare, Moralisieren, Vorwürfe oder unempathisches Beschwichtigen wie „Nur Mut!“, „Kopf hoch, es wird schon alles gut werden“. Unterbrechen Sie nicht und verzichten Sie darauf, den Gedankengang des anderen durch Ihre Fragen zu kanalisieren. Sprechen Sie bei längerem Schweigen die Mimik des Kranken an oder helfen Sie ihm, durch eine respektvolle Berührung an Arm oder Schulter, die Gefühlsblockade zu lockern. Entladen sich heftige Gefühle, sollten Sie diese nicht zusätzlich verstärken. Nehmen Sie geäußerte suizidale Absichten unbedingt ernst! Anderenfalls wird der Kranke daran zweifeln, ob ein Gespräch mit Ihnen überhaupt irgend einen Sinn macht.

Sich in den anderen versetzen

Der Umgang mit suizidalen Menschen fällt leichter, wenn man deren innere (lebensbedrohliche!) Verzweiflung nachempfinden kann. Wie würden Sie sich fühlen, wenn Ihnen Ihr Leben „völlig aussichtslos“ erschiene und Sie vor anderen Ihr Scheitern (Versagen) und Ihre Ohnmacht eingestehen müssten? Würden Sie sich nicht auch noch schämen? Würde in Ihnen keine Wut aufflammen, wenn „alles umsonst“ gewesen war? Vielleicht können Sie sich mit Hilfe dieser Fragen besser vorstellen, wie extrem verletzlich suizidale Menschen sind. Weitere Kränkungen oder Verluste erleben Sie als vernichtend. Oft spielen auch Schuldgefühle und hohe Selbsterwartungen eine wichtige Rolle (Dinge alleine zu lösen, anderen nicht zur Last zu fallen).

Sich nicht von der Krankensicht „anstecken“ lassen

Achten Sie besonders bei älteren oder körperlich schwer Kranken darauf, sich nicht von scheinbar „vernünftigen“ Sichtweisen anstecken zu lassen (zum Beispiel wenn ein Krebskranker „verständliche“ Suizidgedanken äußert). Solche Sichtweisen sind oft Ausdruck einer schweren Depression. Meist verschwinden sie, sobald die Depression erfolgreich behandelt ist (wird fortgesetzt).