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Unklare körperliche Symptome mit Antidepressiva behandeln?

USA. Jeder Arzt kennt zahlreiche Patienten, für deren körperliche Symptome sich trotz eingehender Diagnostik keine Ursache findet. Beispiele sind Kopfschmerzen, Fibromyalgie, funktionelle Magen-Darm-Beschwerden, „idiopathische“ Schmerzen, Tinnitus und chronische Müdigkeit. Bei den Betroffenen kann sich ein Behandlungsversuch mit Antidepressiva selbst dann lohnen, wenn die Patienten ansonsten keine Hinweise auf eine Depression liefern. Zu dieser Schlussfolgerung gelangen P. G. O´Malley und Kollegen aufgrund einer Auswertung von 94 randomisierten kontrollierten Studien mit insgesamt 6.595 Patienten. Letztere litten unter mindestens einem der eingangs genannten Symptome bzw. Syndrome. 

Wie die Auswertung ergab, war die Wahrscheinlichkeit einer Besserung unter Antidepressiva dreimal höher als unter Placebo. In mehr als zwei Dritteln aller Studien erwiesen sich Antidepressiva als effizient. Die Autoren räumen ein, dass die Mehrzahl der erfassten Untersuchungen methodische Schwächen aufweist. Andererseits seien die genannten Ergebnisse derart konsistent, dass es mindestens 600 (!!) weiterer Studien mit negativem Effekt benötigen würde, um das Resultat ihrer Analyse in Frage zu stellen. Vor diesem Hintergrund empfehlen sie, bei Patienten mit unklaren körperlichen Symptomen auf jeden Fall immer eine gute Arzt-Patient-Beziehung aufzubauen und gründlich nach potentiellen Depressionen oder

 Angsterkrankungen zu suchen, die dasBeschwerdebild erklären würden. Sollten sich trotz allem keine Hinweise auf eine Depression finden, sei ein Behandlungsversuch mit Antidepressiva zu erwägen.

Anmerkung der Redaktion: Dass Antidepressiva auch bei typischen somatischen Symptomen helfen können, ist für manche Formen des Schmerzes mittlerweile erwiesen. Die von O´Malley und Kollegen angedeutete „globalere“ Wirksamkeit könnte für einen allgemein „neuro-modulierenden“ Effekt von Antidepressiva sprechen.

P. G. O´Malley u.a.: Antidepressant therapy for unexplained symptoms and symptom syndromes. The Journal of Family Practice 1999 (48) 980-990