Deutschland. Während in
Westdeutschland 7 Prozent der Bevölkerung unter Angstsymptomen leiden,
sind es in den neuen Bundesländern mit 16,3 Prozent mehr als doppelt so
viele. Frauen, junge und alte Menschen, Personen mit Verlusterlebnissen
(Scheidung, Trennung, Todesfall) und fehlender Vollbeschäftigung sind in
beiden Teilen Deutschlands überproportional betroffen. Nur vier von 10
Betroffenen erhalten eine Behandlung, die meist aus Medikamenten besteht.
Dagegen erhält lediglich jeder 100. Angstkranke eine Verhaltenstherapie.
Die durchschnittlichen Erfolgsquoten der Behandlungen sind niedrig (mit
weniger als 30 Prozent dauerhaften Resultaten).
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Diese teilweise erschreckenden Daten
ermittelten J. Margraf und A. Poldrack im Rahmen einer repräsentativen
Bevölkerungserhebung (Stand: 1994), deren Gesamtauswertung nach mehreren
Jahren jetzt publiziert wurde. In diese flossen Angaben von 2.948
interviewten Personen ein. Zu den unerwarteten Ergebnissen gehörte die
Feststellung, dass die Bewohner von Großstädten (mehr als 500.000
Einwohner) die geringste Erkrankungshäufigkeit aufweisen (5,6 Prozent).
Dagegen sind Angstsyndrome in kleineren Gemeinden bis zu dreimal häufiger
als in Großstädten. Die beiden Wissenschaftler erklären sich den
Unterschied dadurch, dass Bewohner von Großstädten häufiger
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Gefahrenreizen
ausgesetzt sind und sich deshalb an diese gewöhnen. Die Diskrepanz in der
Prävalenzhäufigkeit von Angstsymptomen in Ost- und Westdeutschland führen
sie auf die veränderten Lebensbedingungen nach der „Wende“ zurück. Es
sei aus der Laborforschung bekannt, dass Ängste entstehen, wenn wesentliche
Lebensbereiche unkontrollierbar und unvorhersagbar erscheinen.
J. Margraf u.a.:
Angstsyndrome in Ost- und Westdeutschland: Eine repräsentative Bevölkerungserhebung.
Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie 2000 (29) 157-169
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