Gelassen mit „Dreimonatskoliken“
umgehen
Mit dem Begriff
„Dreimonatskolik“ beschreibt man umgangssprachlich das Verhalten zwei
bis drei Monate alter Säuglinge, die phasenweise 30 bis 60 Minuten lang
ununterbrochen schreien und ihre Eltern damit zur Verzweiflung bringen können.
In aller Regel hört dies nach dem 3. Lebensmonat von selbst wieder auf,
ohne dass irgendwelche Folgen bleiben. Die genaue Ursache von
„Dreimonatskoliken“ ist unbekannt. Vertrauen Sie darauf, dass auch Ihr
Säugling diese Phase heil überstehen kann. Streiten Sie mit Ihrem
Partner nicht darüber, was „gut“ oder „schlecht“ für das
schreiende Kind ist. Gut Gemeintes wirkt in diesem Fall ausnahmsweise fast
immer gut. Lassen Sie notfalls den Kinderarzt überprüfen, ob sich hinter
dem Schreien Krankheiten, Veranlagungen oder Pflegefehler verbergen.
Verbergen Sie nicht Ihren Ärger und Ihre Verzweiflung über das Dauergebrüll.
Sorgen Sie dafür, dass Sie selbst genügend Energien tanken können, um
den „3. Monat“ gut zu überstehen.
Trennungsängsten durch Betreuernetz
vorbeugen
Trennungen sind
unvermeidbare Lebenserfahrungen. Man kann sie keinem Kind ersparen.
Trennungen sind zudem ein wichtiger Schritt zu Selbstbestimmung und
Eigenständigkeit. Da Ihr Kind in der Regel zwischen dem Wunsch nach
inniger Bindung und dem Bedürfnis nach Selbstständigkeit hin und her
gerissen sein wird, werden Sie irgendwann selbst nicht mehr wissen, wie
Sie sich verhalten sollen (der innere Konflikt Ihres Kindes hat sich dann
auf Sie übertragen). Hinter heftigen Trennungsreaktionen eines Kindes
(Weinen, Schreien) stecken keineswegs nur Ängste, sie lassen sich auch
als „Protest“ deuten. Sie erleichtern es Ihrem Kind, sich von Ihnen zu
trennen, wenn sich dieses vorher an andere Personen gewöhnen konnte und
dabei erlebte, dass es von diesen genau so zuverlässig und einfühlsam
versorgt wird wie von Ihnen. Trennungen können dann unter Umständen
sogar als angenehm erlebt werden. Vermutlich fällt der Umgang mit
Trennungsangst leichter, wenn viele kleine Trennungen auf dem Boden eines
großen Betreuernetzes bewältigt werden. Öffnen Sie sich daher zum
Beispiel in die Nachbarschaft. Ihr Kind wird sich um so leichter auf die
Betreuung durch andere einlassen, je mehr Sie selbst eigene Vorbehalte
gegenüber Ihrer sozialen Umwelt überwinden. Gönnen Sie auch den
Ersatzbetreuern, dass Ihre Kinder diese ins Herz schließen. Pflegen Sie
gute Ersatzbeziehungen weiter, da sie sich für Ihr Kind nicht von selbst
erledigen.
Den Umgang mit Aggression erleichtern
Angst und Aggression
(„Gewalt“) sind Ausdruck bzw. Folge derselben inneren Erregung.
Entwicklungsgeschichtlich macht dies Sinn, weil Angst Energien
mobilisiert, die nicht nur Flucht-, sondern auch Angriffstendenzen
(Gegenwehr) fördern. Oft haben Menschen Angst vor anderen, weil sie an
sich selbst spüren, zu welcher Gewalt sie prinzipiell in der Lage sind.
Angst kann daher auch die eigenen aggressiven Wünsche und Tendenzen in
Schach halten. Vor diesem Hintergrund können Sie manche Ängste Ihrer
Kinder auch dadurch verringern, in dem sie ihnen zu einem angemessenen
Umgang mit Aggression verhelfen. Ihr eigenes Vorbild wird dabei am meisten
überzeugen. Helfen Sie Ihren Kindern, nicht in Ohnmachtssituationen zu
geraten, da diese besonders starke Ängste hervorrufen. Vermitteln Sie
lieber „Kompetenzen“, mit denen ihre Kinder schwierige Situationen lösen
können. Muten Sie sich selbst „konstruktive Auseinandersetzungen“ mit
Ihren Kindern zu, um Ihren Kindern nützliche Erfahrungen zu vermitteln.
Verzichten Sie dabei auf „Androhungen“ und „Dramatisierungen“.
Erkennen Sie Ihre eigenen Ängste, räumen Sie diese offen ein und
unterscheiden Sie diese deutlich von den Ängsten der Kinder.
Scheidungskindern Ängste nehmen
Trennungen der Eltern
rufen bei Kindern die Angst hervor, dass sie nicht nur einen Elternteil,
sondern beide Eltern verlieren könnten. Häufig befürchten die Kinder,
dass sie selbst wesentlich zum Streit und zur Trennung der Eltern
beigetragen haben. Nicht selten werden die Kinder auch als „Bote“,
„Puffer“ oder „Spion“ missbraucht, wodurch sie in erhebliche
Konflikte geraten. Für die Kinder ist es schon schwer genug, gleichzeitig
„auf zwei Hochzeiten tanzen“ zu müssen und dabei das Gefühl zu
haben, immer den jeweils ausgeschlossenen Elternteil zu verletzen. Oft
verlieren die Kinder durch einen erforderlich werdenden Umzug ihre
vertraute soziale Umgebung (was umso bedeutsamer ist, je älter Kinder
sind). Einige der genannten Nöte und die mit ihnen verbundenen Ängste
verringern Sie, indem Sie den Kindern das Gefühl vermitteln, dass die
Trennung nicht mit ihnen zusammenhängt. Werten Sie Ihren ehemaligen
Partner nicht ab, denn Kinder identifizieren sich mit beiden Elternteilen
und wollen auf diese gleichermaßen stolz sein. Erläutern Sie Ihren
Kindern, dass sie zwar das „Elternpaar“ verloren haben. Versichern Sie
ihnen zugleich, dass ihnen Vater und Mutter trotz allem erhalten bleiben.
Ersparen Sie Ihren Kindern „Loyalitätskonflikte“ und bemühen Sie
sich selbst, die Situation und die damit verbundenen Gefühle zu bewältigen.
Denn je eher Sie selbst mit der Trennung klar kommen und Ihren Kindern
wieder stabile Verhältnisse bieten, umso eher können auch Ihre Kinder
den erforderlichen Trauerprozess abschließen.
Diese Empfehlungen stützen
sich vor allem auf das Buch Kinderängste. Erkennen – verstehen –
helfen. Von Reinmar du Bois. C. H. Beck 1996
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