Mit nächtlichen Ängsten einfühlsam
umgehen
Einschlafen bedeutet für Kinder
„Abschied nehmen“, „Kontrolle aufgeben“ und „allein sein“.
Meist ziehen dabei noch einmal Erlebnisse und Gefühle des Tages innerlich
vorbei, die dann erneut heftige Erregung hervorrufen. Auslöser nächtlicher
Angst gibt es also genug. Sie helfen Ihrem Kind, wenn Sie ihm einen schützenden
Rahmen und die Gewissheit bieten, auch während der Nacht „da zu
sein“. Mit Spaß verbundene Einschlafrituale strukturieren die
aufregende Übergangszeit zwischen Wachen und Schlafen. Aufgrund ihrer
Vorhersehbarkeit und Planbarkeit vermitteln sie das Gefühl von
Sicherheit. Verzichten Sie darauf, am späten Abend noch mit Ihrem Kind
herumzutoben, wenn Sie ihm anschließend nicht genügend Zeit zum ruhigen
Ausklang einräumen können. Vielleicht hat Ihr Kind auch ein „Übergangsobjekt“
(Stofftier, abgegriffene Windel usw.), das es gleichsam als
„Mutterersatz“ unbedingt mit ins Bett nehmen muss. Machen Sie keine
Staatsaffäre daraus, wenn Ihr Kind einmal im Elternbett einschlafen will.
Allerdings sollte dies die Ausnahmesituation und Ihr Kind nur „Gast“
bleiben. Vermeiden Sie also, dass es sich Ihr Kind im Elternbett allzu
bequem macht. Scheuen Sie sich nicht, Ihr Kind in dessen Bett zurück zu
verfrachten, wenn es anfängt, lästig zu werden. Fragen Sie sich bei nächtlicher
Angst Ihres Kindes immer auch, ob Sie Ihrem Kind nicht eigene Sorgen und
Konflikte übertragen haben. Gönnen Sie sich eine psychotherapeutische
Beratung, wenn die nächtlichen Angstzustände Ihres Kindes über Monate
anhalten.
Auf Schulangst differenziert reagieren
Ängste im Zusammenhang mit dem Schulbesuch
können unterschiedliche Ursachen haben. Beispiele sind
Trennungsschwierigkeiten zwischen Mutter und Kind, schlechte Behandlung
durch Mitschüler, Ablehnung durch einen Lehrer, charakterliche
Besonderheiten des Kindes, der Versuch, sich durch schulische Leistungen
Liebe zu erarbeiten, Überforderung durch den schulischen
Leistungsanspruch und Folgen einer jugendlichen Entwicklungskrise. Vor
diesem Hintergrund sind konkrete Empfehlungen schwierig. Auf jeden Fall
sollten Sie Ihr Kind nicht in eine Krankenrolle versetzen, indem Sie ärztliche
Atteste erwirken oder eine psychotherapeutische Behandlung als Alibi gegen
den Schulbesuch einsetzen. Versuchen Sie lieber, mit der Schule zusammen
zu arbeiten. Machen Sie sich bewusst, dass Sie Ihr Kind im Raum der Schule
nur wenig „beschützen“ können. Sprechen Sie alle von Ihnen geplanten
Aktionen mit Ihrem Kind ab, da Sie Ihr Kind sonst in Loyalitätskonflikte
gegenüber Lehrern und Mitschülern stürzen. Vermitteln Sie Ihrem Kind
einen Beschützer oder Fürsprecher in Form eines Lehrers oder Mitschülers,
wenn Ihr Kind kontaktscheu ist. Gestehen Sie sich gegebenenfalls ein, dass
Ihr Kind vielleicht durch den Leistungsanspruch überfordert wird (Durch
sein „nicht wollen“ versucht es dann, dem vorprogrammierten Misserfolg
auszuweichen). Erhalten Sie auf jeden Fall die „Leistungslust“ Ihres
Kindes. Gönnen Sie ihm professionelle Nachhilfe, wenn es Sie selbst überfordern
würde, Ihr Kind bei den Hausaufgaben zu betreuen.
Krankheitsängste verringern
Krankheiten können bei Kindern Ängste
auslösen, wenn sie diesen Zustand nicht kennen, wenn sie dabei
gesteigerte elterliche Ängste wahrnehmen, wenn sie magische Vorstellungen
entwickeln („zerstückelt zu werden“), wenn sie sich besonders hilflos
fühlen, wenn sie im Rahmen der Krankheit Trennungen befürchten oder wenn
besonders befremdliche Erfahrungen auf sie zukommen (z.B. im Krankenhaus).
Sie helfen ihrem Kind, wenn Sie dieses über Verlauf und Behandlung der
Krankheit altersangemessen aufklären und sich von (insbesondere
hypochondrischen) Ängsten des Kindes nicht anstecken lassen. Versuchen
Sie, Ruhe auszustrahlen und sich trotz allem ein Stück Normalität
bewahren. Stehen Sie bei akuten Erkrankungen und Verletzungen Ihrem Kind
bei und schicken Sie andere um Hilfe. Wägen Sie bei
Krankenhausaufenthalten Vor- und Nachteile eines Rooming-in sorgfältig
ab. Gönnen Sie sich bei längeren Krankheitsverläufen Erholungspausen
und organisieren Sie eine auf mehrere Schultern verteilte Betreuung.
Dadurch helfen Sie Ihrem Kind mehr, als wenn Sie sich bis zur Erschöpfung
verausgaben. Helfen Sie Ihrem Kind, vertrauensvolle Beziehungen zu Ärzten
aufzubauen, da Vertrauen Angst bindet. (Ende)
Diese
Empfehlungen stützen sich vor allem auf das Buch Kinderängste. Erkennen
– verstehen – helfen. Von Reinmar du Bois. C. H. Beck 1996
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