USA. Ist es ethisch
vertretbar, depressive Patienten im Rahmen einer Arzneimittelstudie mit
Placebo zu behandeln? Diese teilweise heiß diskutierte Frage beantworten
A. Khan und Kollegen mit einem klaren „ja“. Die amerikanischen
Wissenschaftler stützen ihr Votum auf die Auswertung umfangreichen
Datenmaterials: Sie erhielten nämlich detaillierten Einblick in sämtliche
Arzneimittelstudien mit neuen Antidepressiva, die bei der amerikanischen
Gesundheitsbehörde FDA zwischen dem 01.01.1987 und dem 31.12.1997 aus
Zulassungsgründen erfasst worden waren. Von den teilnehmenden 19.639
depressiven Patienten töteten sich jährlich insgesamt 0,8 Prozent und
2,9 Prozent unternahmen
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einen Suizidversuch. Bei
den nur mit Placebo behandelten Studienteilnehmern ereigneten sich eher
weniger Suizide (0,4 Prozent) und Suizidversuche (2,7 Prozent) als unter
den neuen Antidepressiva (0,8 bzw. 2,8 Prozent) oder unter aktiven
Vergleichssubstanzen (0,7 bzw. 3,4 Prozent).
Möglicherweise liegt das gute Abschneiden
von Placebo an den gleichen Gründen, die für die relativ große
„Spontanbesserung“ von Symptomen (30,9 Prozent) unter Placebo
verantwortlich zeichnen dürften. Auch Placebo-Patienten werden nämlich
oft sehr intensiv „behandelt“, beispielsweise in Form ausführlicher
Aufklärung, genauer und häufiger Untersuchung, dem Gefühl,
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in erfahrenen und
interessierten Händen zu sein, und der Möglichkeit sich auszusprechen. Da
schwere Begleiterkrankungen und akute Suizidgefahr in der Regel
ausgeschlossen werden, sind Studienteilnehmer im Vergleich zu
„Normalpatienten“ eher relativ gesund. Derart günstige Umstände
verbessern vermutlich auch die Aussicht, selbst unter Placebo zu gesunden.
A.
Khan u.a.: Symptom reduction and suicide risk in patients treated with
placebo in antidepressant clinical trials: an analysis of the Food and Drug
Administration Database. Arch. Gen. Psychiatry 2000 (57) 311-317
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