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Demenz-Kranke vor ihrer Diagnose „schützen“?


USA/England. Eine Studie von S. Holroyd und Mitarbeitern zeigt, dass Ärzte bei Demenz-Erkrankungen meistens die Familienmitglieder über die Diagnose informieren, nicht aber die Betroffenen selbst. Gegen diese Praxis spricht, dass 90 Prozent einer befragten Gruppe älterer Leute sich wünschten, im Falle einer Demenz die Diagnose zu erfahren. Ihre Verheimlichungstaktik begründen Ärzte oft damit, dass die Kranken anderenfalls zu stark beunruhigt würden. Sie befürchten außerdem, dass die Diagnose den Patienten Hoffnung nehmen und Depressionen oder Suizide auslösen könnte. Dafür fehlen jedoch Beweise. Auch die oft unsichere Diagnose wird als Argument gegen zuviel Offenheit ins Feld geführt. Aber warum sollte man dem Patienten diese Unsicherheit nicht ebenso erläutern?

     Mehrere Gründe sprechen dafür, gegenüber dem Betroffenen offen mit der Diagnose umzugehen: 1. Jeder hat ein Recht, über sich selbst Bescheid zu wissen. 2. Der Kranke muss die Möglichkeit haben, seine Zukunftsplanung der aktuellen Situation anzupassen und eine notwendig werdende Pflege gegebenenfalls selbst zu organisieren. 3. Warum sollte er oder sie über eine mögliche Vormundschaft, über Erbangelegenheiten und Behandlungsarten nicht selbst entscheiden?

     Aus dem skizzierten Pro und Contra leitet sich letztlich die Empfehlung ab, je nach Stadium der Erkrankung und je nach möglichen Folgen immer individuell zu entscheiden. Dafür spricht auch folgendes Befragungsergebnis: Zwar meinen die meisten Angehörigen von Demenz-Kranken, dass man Kranken die Wahrheit sagen sollte; dennoch berichtet nur ein Drittel dieser Befragten, dass es für ihre eigenen Angehörigen gut war, ihnen die Diagnose mitzuteilen.

G. Pinner u.a.: To tell or not to tell: On disclosing the diagnosis of dementia. Intern. Psychogeriatrics 2002 (14) 127-137; S. Holroyd u.a.: What are patients and their families told about the diagnosis of dementia? Results of a family study. Int. J. Geriatr. Psychiatry 2002 (17) 218-221