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Editorial: Kritisch bleiben
 

Zu den besonderen menschlichen Fähigkeiten gehört es, in der Reizvielfalt von äußerer und innerer Umwelt Muster zu erkennen. Auf die einmal erkannten Muster wird dann meist stereotyp reagiert. Ein solches Vorgehen ist zwar vordergründig ökonomisch, weil es aufwendige Prüfungen und Entscheidungen erspart – es kann aber auch zu einer gefährlichen Falle werden. Im Medizinbetrieb gilt dies besonders für Situationen, in denen Diagnosen gestellt und Behandlungen vorgeschlagen werden sollen.

    Wie J. G. Klein sehr anschaulich erläutert, ist der Weg zur klinischen Entscheidungsfindung mit kognitiven Stolpersteinen gepflastert. Sich in diesen Fallstricken nicht laufend zu verheddern, kann nur gelingen, wenn man ständig eine kritische Distanz zu den eigenen Denkstrukturen bewahrt. Als Hilfestellung beschreibt Klein fünf „Regeln für eine gute Entscheidungsfindung“:

-          Mache dir Häufigkeiten bewusst.

-          Frage dich, ob Daten wirklich relevant sind oder nur (zufällig) ins Auge springen.

-          Suche immer nach Gründen, die deine Entscheidungen in Frage stellen können, und halte immer Alternativhypothesen am Leben.

-          Stelle lieber Fragen, die deine Hypothesen erschüttern, als solche, die sie bestätigen.

-          Mache dir immer wieder klar, dass du häufiger irrst, als dir bewusst ist.

Die genannten Empfehlungen wollen vor allem die Gefahren folgender „Kognitionsfallen“ entschärfen:

-          der Annahme, dass ähnliche Phänomene immer einer gleichen Kategorie angehören und daher nach bekanntem Schema behandelt werden können

-          der Verlockung, leicht verfügbare Informationen als besonders zutreffend zu werten

-          der Überschätzung der eigenen Beurteilungsfähigkeit

-          der Bevorzugung von Informationen, die eine bestehende Meinung stützen

-          der Tendenz, kausale Zusammenhänge auch dort herzustellen, wo Phänomene zufällig zusammentreffen.

Der Empfehlung gegenüber den eigenen Denkprozessen kritisch zu bleiben, stellt sich auch das Neuroscience Spektrum. Es bemüht sich seit jeher ganz besonders um solche Beiträge, die (scheinbar bekannte) Phänomene immer wieder in einem neuen Licht erscheinen lassen. Eine in diesem Sinne anregende Lektüre und anhaltenden Mut zur Selbstkritik wünscht Ihnen

Ihre Pfizer Pharma GmbH

Literatur: J. G. Klein: Five pitfalls in decisions about diagnosis and prescribing. BMJ 2005 (330) 781-783